Bevor es um das eigentliche Thema geht: Ich halte nichts von dogmatischen Lehren. Die alte Schachschule (bis Anfang des 20. Jahrhundert) war so. Die großen Meister gaben zahlreiche Züge und Zugkombinationen vor die beschrieben, was man alles nicht machen darf. Vieles davon ist lang überholt. Wenn man mit Schach beginnt, können solche Dogmen sehr nützlich sein. Die Auswahl an Zügen in der Eröffnung ist enorm. Als Anfänger ist ein Leitfaden hilfreich und manchen sind die sieben goldenen Regeln zu allgemein. Deshalb liste ich hier einige der schlimmsten Züge auf, die man als Greenhorn machen kann. Nicht, weil sie generell schlecht sind (manche sind es), sondern weil Neulinge mit den Konsequenzen nicht umgehen können. Bessere Spieler wissen, was sie tun. Anfänger ziehen oft aufs gerate Wohl und wundern sich, wenn sie mit wehenden Fahnen untergehen.
Der erste Zug
Mit Weiß sollten Sie beim ersten Zug nur einen der folgenden fünf Züge wählen:
- e4
- d4
- c4
- Sc3
- Sf3
Alle sind sehr gut spielbar und dienen der Entwicklung sowie der Eroberung des Zentrums. Aus den fünf Varianten können sich weitere spannende Züge ergeben, es wird also nicht langweilig, keine Sorge. Wer irgendwann etwas Neues ins Auge fassen möchte, kann auch g3 versuchen.
Vermeiden müssen Sie auf jeden Fall folgende Züge:
- f4 ist die Bird-Eröffnung. Sie ist spielbar, wenn man weiß, was man tut. Wenn nicht, kann man in einer Form des Narrenmatts enden.
Generell schlechte Züge
Der letzte Zug von Weiß war 7. h4, eine Reaktion auf 6. h5. Es gibt unzählige Beispiele für h4, a4, g4 oder b4. Gemein haben sie, dass sie meistens falsch sind, wenn sie von Anfängern gespielt werden.
Es gibt Situationen, in denen diese Züge perfekt sind. Man sagt nicht umsonst: »Ein Bäuerlein, das vorgeprellt, hat oft dem Feind ein Bein gestellt.« Anfänger sind aber noch nicht in der Lage, dies zu erkennen. Sie machen diese Züge eher aus Verzweiflung, weil sie nicht wissen, was sie sonst tun können. Das ist normal. Hilfe bietet hierzu die Lektion Wie man gegen leichte Gegner einfach gewinnt. Ihre vorrangige Aufgabe sollte es sein, ihre Stellung zu verbessern und keine Figuren zu verlieren. Überlassen Sie die Fehler dem Gegner.
Hier noch ein Beispiel:
Weiß hat lang rochiert. Schwarz spielt a5. Das ist nicht der beste Zug (die Rochade wäre stärker) aber das Motiv in dieser Blitz-Partie war klar: Initiative ergreifen und am Damenflügel angreifen. Die Idee ging auf, weil Weiß keine ernsthaften Drohungen aufstellte. Wenige Züge später war der Damenflügel zerstört und Schwarz gewann. Es ist aber sehr selten, dass Anfänger solche Angriffe erfolgreich zu Ende führen können.
Springer am Rand
Auch hier gibt es Ausnahmen, aber generell gilt die Regel: »Springer am Rand bringt Kummer und Schand‘!«
Das liegt hauptsächlich darin begründet, dass ein Springer am Brettrand wesentlich weniger Optionen hat als in der Brettmitte. Übrigens: In dieser Situation wäre statt Sh4 tatsächlich a4 der beste Zug, gefolgt von Le3. Ein Abtausch würde den weißen Turm befreien, ohne Bedrohungen für Weiß zu riskieren.
Die Deckung des Königs
Es stößt ins gleiche Horn wie im vorletzten Abschnitt, beschreibt das Problem aber konkreter. Hier ein Beispiel:
Weiß hat kurz rochiert. Und später mit h4 und g3 die Deckung aufgegeben und zwei Bauern verschenkt. Es gibt Ausnahmen, bei denen es sinnvoll ist kurz zu rochieren und dennoch mit den Bauern einen Angriff zu starten. Aber nicht für Anfänger. Ich vermeide an dieser Stelle das Wort »Plan«, aber man sollte zumindest eine Idee davon haben, wie der Angriff verlaufen soll. In diesem Fall hatte Weiß keine Idee – und ging unter.
Merke: Die Idee der Rochade besteht darin, den König in Sicherheit zu bringen. Das macht man nicht, um anschließend feindlichen Angriffen Tür und Tor zu öffnen!
Dazu ein weiteres Beispiel:
Interessant sind die beiden letzten Züge von Weiß. Weiß steht nominell besser dran, aber nach 9…Sxg4 10. hxg4 Lxg4 herrscht am Königsflügel Durchzug. Gute Spieler können das verteidigen, Anfänger und Gelegenheitsspieler werden hier ihre liebe Mühe haben.
Auf 7. Lg4 folgt meistens 8. h3, auch wenn in der konkreten Situation 8. Lg5! der deutlich stärkere Zug gewesen wäre (aufgrund des Springers auf d5). Nach Lh5 sollten Sie aber nicht g4 spielen!
Wer noch etwas mehr über Fehler, vor allem in den ersten Partien, lesen möchte, sollte sich die Lektion Meine erste Partie anschauen.