Online-Training

Der Idealfall, um Schach zu lernen und zu trainieren, ergibt sich mit einem guten Trainer, der einen auf Fehler hinweist und Ratschläge gibt. Leider wachsen solche Trainer nicht auf Bäumen und selbst wenn man in seinem Dunstkreis jemanden kennt, ist das Training eine Zeitfrage und manchmal eine Frage des Geldes.

Schachprogramme sind gute Gegner, doch die meisten bieten keine ausführliche oder gar gute Analysen. Die Programme, die es tun, kosten teilweise Geld.

Da wir Schach als Hobby betreiben und uns nicht in Ausgaben stürzen wollen, beziehe ich mich nachfolgend auf die bereits erwähnte Plattform lichess.org. Hierbei handelt es sich um eine kostenlose Seite, die von vielen Leuten entwickelt wird und dessen Code Open Source ist. Jeder darf sich den Quelltext herunterladen, anschauen und mit entwickeln. Das hat den Vorteil, dass Neuerungen schnell umgesetzt werden. Mittlerweile bietet die Seite Besonderheiten, von denen selbst kostenpflichtige Plattformen nur träumen können.

Die nachfolgenden Tipps beziehen sich auf den Stand Mai 2020. lichess.org wird regelmäßig verbessert. So kann es sein, dass Sie bereits mehr Funktionen zur Verfügung haben als ich. Dennoch werden Sie von den Möglichkeiten einen guten Eindruck erhalten.

Regeln und Züge lernen

Unter dem Menüpunkt Lernen → Grundlagen haben Sie die Möglichkeit, spielerisch die Züge der Figuren zu erlernen. Die Lernerfahrung wird dadurch intensiviert, dass Sie nicht nur die Grundzüge einstudieren, sondern in den Übungen die kürzesten Wege finden müssen. So trainieren Sie den Blick für den optimalen Einsatz einer Figur.

Die Aufgaben beinhalten auch Mattaufgaben, Schachgebote, Aufstellung, Rochade, en passant und sogar das Patt wird behandelt. Es ist perfekt für jeden Einsteiger und das richtige Rüstzeug, um Ihr erworbenes Wissen über die Regeln zu vertiefen.

Taktik-Training

Schach wird fast immer als Strategiespiel bezeichnet, doch in erster Linie ist es ein Taktikspiel. Die Taktik, vor allem sogenannte taktische Motive, auf die wir später eingehen werden, spielt eine große Rolle. Sie können es mit Ihrer Spielstärke im Schach weit bringen, ohne eine Eröffnung gelernt oder sich mit dem Endspiel vertraut gemacht zu haben. Nur durch Taktiktraining.

lichess.org hat dafür einen eigenen Bereich mit zehntausenden von Übungsaufgaben. Schon alleine für diese Funktion lohnt sich eine Registrierung. Sie erhalten eine Taktikwertung. Anhand Ihrer Erfolge bzw. der Wertungszahl werden die Aufgaben immer leichter oder schwieriger.

Im Gegensatz zu manch anderen Plattformen haben Sie bei den Aufgaben keinen Zeitdruck. Wenn Sie sie gelöst haben, oder auch keine Lösung finden, können Sie mehrere Züge probieren und die Stockfish-KI zeigt Ihnen, wie sich der entsprechende Zug auswirkt.

Alle Aufgaben stammen aus Spielen auf lichess.org. Sie können somit auch nachverfolgen, wie die Stellung entstand, wer das gespielt hat und wie hoch die Wertung der Aufgabe und der Spieler zu dem Zeitpunkt war. Viele der Aufgaben, die ich auf dieser Seite zeige, stammen aus diesem Fundus.

Spielanalyse

Niemand spielt fehlerfrei. Vor allem in Blitzpartien kommt es häufig zu Fehlern und Patzern. Auf lichess.org haben Sie die Möglichkeit, jede gespielte Partie analysieren zu lassen, nicht nur die eigene. Die Optionen, die sich hier bieten, sind beispiellos und eine große Stärke der Plattform. Selbst kommerzielle Schachprogramme können, was die Qualität betrifft, nicht mithalten.

Die KI bewertet jede Stellung. Es wird zwischen Ungenauigkeit, Fehler und grober Patzer unterschieden. Grobe Patzer sind die schlimmsten Fehler. Sie führen entweder zu einem Verlust einer Figur, wie etwa der Dame, oder zum Matt. Wenn Sie einen solchen Fehler machen, der Gegner die Möglichkeit aber, den Fehler zu nutzen, übersieht, haben beide Spieler einen groben Patzer begangen. Fehler definiert die Plattform vor allem dadurch, dass Ihnen entscheidende Vorteile entgangen oder Nachteile entstanden sind. Das kann ein Bauer sein, der ungedeckt ist und Sie nicht geschlagen haben, oder ein taktischer Nachteil.

Ungenauigkeiten sind noch feinere Fehler und passieren am häufigsten. Beispielsweise, wenn Sie ein Matt in drei Zügen übersehen haben, Sie aber fünf Züge brauchen.

Sie können sich jeden dieser Fehler anzeigen lassen und die Vorschläge nachspielen. Ein Diagramm der Analyse zeigt Ihnen, wie der Verlauf der Partie war. Die angezeigte Kurve ist immer interessant, da Sie Leistungseinbrüche beobachten können. Da lichess.org sogar die Zugzeiten speichert, können Sie die Partie als Wiederholung ablaufen lassen. Das Spiel wird Ihnen so gezeigt, wie es tatsächlich gespielt wurde.

Eine neuere Funktion von lichess.org heißt »Aus eigenen Fehlern lernen«. Ihnen werden die Fehler der Partie gezeigt und Sie müssen den besten Zug finden. Das ist ein ungemein gutes Training.

Analyse der eigenen Spielweise

Das ist das mit Abstand spannendste Werkzeug, dass ich kenne. Auf Plattformen unterscheidet man zwischen gewerteten und ungewerteten Partien. Dies bezieht sich auf die Wertung der Spielstärke. Die gewerteten Partien kann man auf lichess.org extra analysieren lassen, um Statistiken zu erhalten. Sie erfahren hier nahezu alles, was das Schachherz begehrt.

Wie oft haben Sie in den verschiedenen Modi gewonnen und verloren? Wie oft haben Sie bestimmte Eröffnungen verwendet und wie stehen da Ihre Siegchancen? Mit welchen Figuren ziehen Sie wie schnell? Sind Sie mit Weiß oder mit Schwarz stärker? Wie gehen die Spiele aus, wenn die Dame früh getauscht wird?

Diese und viele weitere Fragen kann Ihnen lichess.org beantworten und die Analyse ist umso wertvoller, je mehr gewertete Spiele Sie gespielt haben. Jeder, der auch nur einen Funken für statistische Auswertungen übrig hat, wird begeistert sein.

Bretteditor und Analysebrett

Unter den Werkzeugen finden Sie zwei mächtige Tools, mit denen Sie viel üben und lernen können. Mit dem Bretteditor haben Sie die Möglichkeit eine beliebige Stellung auf dem Brett zu erzeugen. Diese Stellung können Sie anschließend auf das Analysebrett übertragen. Die Schachengine bewertet diese Stellung und zeigt Ihnen, ob die Partie ausgeglichen ist oder ob eine der Spieler auf Gewinn steht. Sie können hier frei die Figuren ziehen und sehen, wie sich das auf die Bewertung auswirkt. Auf Wunsch zeigt Ihnen die KI sogar die besten Züge an und Sie können diese nacheinander spielen und testen.

Die Bewertungszahl bezieht sich auf Figurenwerte. Ein Wert wie +5 steht für »So gut für Weiß, als hätte er fünf Bauern mehr«. Steht statt einem Plus ein Minus davor, bezieht sich die Zahl auf Schwarz. Wenn eine Raute (#) davor steht, bezieht sich die Zahl dahinter darauf, in wie vielen Zügen Matt ist.