Läufer gegen Bauern

Die Stärken und Schwächen eines Läufers lassen sich kurz beschreiben: Ein Läufer beherrscht 16 von 32 Feldern.

In der theoretischen Betrachtung sollte die Stärke eines Läufers im Endspiel wesentlich besser zur Geltung kommen. Je weniger Figuren auf dem Brett sind, umso schneller kann sich der Läufer bewegen. Insbesondere, wenn er nicht von den eigenen Figuren blockiert wird. Es gibt aber auch solche Situationen:

Materiell ist es ausgeglichen. Weiß hat drei Bauern mehr, dafür darf sich Schwarz am Läufer erfreuen. Wie so oft in solchen Positionen gewinnt derjenige, der gerade am Zug ist. Hier ist es Weiß. 1. Kd4 zerstört alle Ambitionen von Schwarz. Aber warum?

Der schwarze Läufer hat keinen Zugriff auf die weißen Bauern. Wenn diese auf den Reihen a, b und c marschieren möchten, müssen sie aber schwarze Felder überqueren. Doch durch Kd4 unterstützt der König diesen Vormarsch und blockt zugleich den schwarzen König ab. Es könnte in etwa so weitergehen: 1…La3 2. c5 Ke7 3. Kc4 Kd7 4. b4 Kc7 5. b5 Lc1 6. Kd5 La3 7. b6+

Der schwarze Läufer wird regelrecht eingeseift und der schwarze König ist gegen den Vormarsch machtlos. Selbst wenn es Schwarz gelänge die drei Bauern mit einem Opfer der Läufers und der ganzen Macht des Königs zu beseitigen, schwenkt der weiße König einfach auf den anderen Flügel, entfernt dort die drei Bauern und marschiert auf dem Königsflügel mit den Bauern ins Ziel.

Die Situation in Läuferendspielen ist aber nicht immer eindeutig, zumal man gleichfarbige und ungleichfarbige Endspiele unterscheidet. Um es nicht ausufern zu lassen, werden wir uns aber weiterhin auf Läufer gegen Bauern konzentrieren. Die Regel für solche Endspiele lautet:

Ein Läufer kann einen einzelnen Bauern immer stoppen, außer er kann sich sofort umwandeln. Zwei Bauern können gestoppt werden, wenn sie weit genug vom Umwandlungsfeld entfernt und nicht verbunden sind. Vier oder mehr Bauern besiegen fast immer einen Läufer.

Jetzt haben wir so eine schöne Regel formuliert und es kommt ein Beispiel, welches wir nicht einordnen können. Es sind drei Bauern. Was nun? Wir denken nach.

Wenn Sie die Texte bisher aufmerksam gelesen haben, sollten Ihnen zwei bereits bekannte Lektionen in den Sinn kommen. Einmal das Kapitel der Randbauer und darin insbesondere die letzte Partie. Außerdem der Mehrbauer. Um solche Situationen handelt es sich.

Weiß hat in dieser Stellung klar gewonnen. Der Läufer hat keinen Zugriff auf die Bauern und der König kann nicht alle schlagen. Die Zugfolge zur Abbildung ist folgende: 1. Kb5 Kd5 2. a4 Le8+ 3. Kb6 Lf7 4. a5 Kxd4 5. a6 Le6 6. a7 Ld5 7. g8=Q Lxg8 8. a8=D

Der Läufer spielt aber nicht immer den zahnlosen Tiger.

Da die Bauern weit hinten und der weiß König gut positioniert sind, kann Weiß sich verteidigen und Remis anstreben. Sie haben womöglich schon 1. Le8 im Auge, was kein schlechter Zug ist, aber 1. Ke4 ist besser. Eine mögliche Fortsetzung wäre 1…Ke7 2. Lb3 Kf6 3. Kf4 Kg7 4. Kg5 f5 5. Ld1

Man erkennt sofort, worauf es hinaus läuft. Der weiße König stürzt sich nach vorne, während der weiße Läufer hinten alles abblockt, was sich der Grundreihe nähern will.

»Glück« ist bekanntlich der Paarungsruf der Verlierer, aber manchmal sind es Feinheiten, die über Remis oder Niederlage entscheiden. Schauen wir uns hierfür zwei Situationen an, die nahezu identisch sind:

Brett 1:

Brett 2:

Der einzige Unterschied ist, dass der König im ersten Bild auf d7 und im zweiten auf e7 steht. Sie werden womöglich argumentieren, dass Brett 1 verliert, während Brett 2 zum Remis führt. Das ist richtig. Ihr Argument wird sein, dass auf Brett 2 Le8+ folgt und dies den Unterschied ausmacht. Das ist falsch. 1. Kf6 macht den Unterschied! 1…Kg4 Le2+ 3. Kf4 Ld1 (Tempozug) 4. g4

Jetzt ist die Situation klar. Der schwarze König blockt und bedroht, so gut er kann, aus dem Hinterhalt greift der Läufer jeden Bauern an, der sich auf ein weißes Feld traut.

Noch ein letztes Beispiel:

Schwarz ist am Zug, aber es sind nur zwei Bauern. Wie geht die Situation aus? Und warum?

Schwarz gewinnt und wir begründen es mit der Regel, die oben formuliert wurde. Hier der entscheidende Auszug: »Zwei Bauern können gestoppt werden, wenn sie weit genug vom Umwandlungsfeld entfernt und nicht verbunden sind.«

Sie sind aber verbunden und nah am Umwandlungsfeld. Eine mögliche Fortsetzung wäre 1…Kb2 2. Kf4 c3 3. Ld3 c2 4. Lxc2 Kxc2 5. Ke5 b3

Weiß kann höchstens noch den Läufer gegen einen der Bauern opfern, wenn es nicht gegen zwei Damen verlieren will. Mehr ist nicht drin.

Auch im Endspiel Läufer gegen Bauern merken wir, dass die Situation nicht immer einfach einzuschätzen ist und wir einige Überlegungen anstellen müssen.

Der Läufer sollte aktiv sein und möglichst viele Felder kontrollieren. Versuchen Sie, den gegnerischen Bauern auf einer Diagonalen zu blockieren, die vom Läufer kontrolliert werden kann. Das bedeutet oft, dass der Läufer zentral positioniert oder nahe der gegnerischen Bauern sein sollte. Der Läufer sollte die gegnerischen Bauern blockieren oder sie so einschränken, dass sie nicht leicht vorankommen. Es ist besonders wichtig, den Bauern zu blockieren, der auf die Umwandlung wartet.

Der König sollte den Läufer unterstützen und die gegnerischen Bauern angreifen oder blockieren.

Wenn der gegnerische Bauer auf der siebten Reihe steht, wird es schwieriger, ihn zu stoppen. Versuchen Sie, den Bauern auf der sechsten Reihe oder früher zu blockieren oder zu schlagen.